Das beste Mixed Paar, das wir je hatten

| 8. Juli 2021 | 0 Comments
Bundestrainer Igor Blintsov, Pia Schütze, SC-Riesa-Cheftrainerin Nina Blintsov, Sportsoldat Daniel Blintsov und DSAB-Choreographin Ana Matyskina

Was wäre Deutschlands Sportakrobatik nur ohne die Familie Blintsov? Bundestrainer Igor, SC-Riesa-Cheftrainerin Nina, Sportsoldat Daniel und, geborgt vom SC Hoyerswerda, „Schütz(e)ling“ Pia. Letztere beiden bilden gemeinsam ein Mixed Paar; seit dem Wochenende wissen wir: das Beste, das Deutschland je hatte.

Bei der Weltmeisterschaft in Genf wurden Daniel Blintsov und Pia Schütze vergangenen Samstag Vizeweltmeister! Damit gewinnen sie das erste „echte“ (d.h. bei den Senioren) WM-Silber für Deutschland seit sage und schreibe der allerersten Sportakrobatik-WM im Jahr 1974. (Übrigens handelte es sich bei den Geschwistern Doris und Karin Jung und ihren beiden Trainer-Eltern aus Augsburg auch damals um ein Familienprojekt. Damals trat allerdings die inzwischen ehemalige UdSSR noch als eine einzige Nation an.) Die aktuelle Medaille ist überdies die erste „echte“ WM-Medaille überhaupt für Deutschland, seit die Sportakrobatik im Weltturnverband FIG organisiert ist.

Bundestrainer Igor Blintsov feiert in seiner Zeit als Cheftrainer des SC Riesa und inzwischen Bundestrainer mit Sitz in Riesa bereits seinen 20. internationalen Medaillenerfolg zusammen mit seiner Frau Nina, den die beiden aus Riesa für Deutschland erzielt hat: René Tausendfreund, Phoung Tao Thi, Lukas Claus, Nikolaj Dewataikin, Tim Sebastian, Michail Kraft, Daniel Blintsov, Sneschana Sinkov und Pia Schütze heißen „ihre“ Sportler, die bei World Games, Weltmeisterschaften, Europameisterschaften und World Cups sowie auch den Jugend- und Junioren-Wettbewerben im Rahmen der WMs und EMs erfolgreich waren.

Mit Michail und Daniel stammen allein zwei von ihnen – und weitere sind im Turnen erfolgreich – aus der allerersten Gruppe junger Kunstturner, die Nina Blintsov zum Einstieg in ihre Trainerkarriere vor rund 15 Jahren beim SC Riesa leitete. Seitdem fungiert sie auch bei den Sportakrobaten des SC Riesa als Coach. Nachdem ihr Mann 2015 zum Bundestrainer befördert worden ist, leitet sie die Sportakrobaten des SC Riesa als Cheftrainerin.

Was für eine Erfolgsgeschichte!

Schon wieder historisch…

Und schon wieder ein historischer Erfolg also für Daniel und Pia, nachdem den beiden bereits mit dem Welt-Cup-Sieg Anfang des Jahres in Sofia etwas noch nie Dagewesenes geglückt war. „Seitdem wussten wir, dass auch bei der WM etwas gehen kann. Denn die Konkurrenz war in Sofia schon fast vollständig da“, erzählen die beiden. „Im Vergleich zum WM-Finale jetzt hat nur Russland gefehlt.“

Also machten sie sich bereits mit ganz großen Zielen auf den Weg nach Genf. Der erste Trainingstag fiel dort auf Mutter Nina Blintsovs Geburtstag. „Wir haben ihr versprochen, unser Bestes zu geben und – wenn möglich – eine Medaille zu gewinnen. Als Geschenk für sie und als Danke für alles“, berichtet Sohn Daniel.

Mission erfüllt – und wie!

Antwerpen (2018) endgültig hinter sich lassen und Revanche für Holon (2019) nehmen, so lautete wohl die Mission der Familie. Jeweils noch in der Juniorenklasse und mit Xenia Mehlhaff war bei der WM 2018 alles schiefgelaufen, bei der EM 2019 verpasste das Mixed Paar die Medaillenränge knapp – im fast exakt demselben Starterfeld wie jetzt eineinhalb Jahr später bei den Senioren. „Der Druck war riesig“, hatte Daniel der FIG gestanden. „Aber ich bin vor jeder Übung sehr nervös“, relativiert er.

Und wie Familie Blintsov gemeinsam mit Pia Schütze vom SC Hoyerswerda als neuem Top ihre Mission erfüllte(n)! Vor allem die Balance-Übung zum Auftakt war allergrößte Klasse – und bescherte den beiden mit 29,49 Punkten fast einen Punkt Vorsprung. Lediglich das russische Duo, das in Balance gepatzt hatte, verdrängte die beiden in den verbleibenden zwei Quali-Übungen doch noch von Platz eins.

Damit war die allerwichtigste Hürde locker genommen: Mit Platz zwei nach der Quali war das Ticket für die World Games safe! Das war noch viel wichtiger als der Vizeweltmeistertitel – vor allem für den Deutschen Sportakrobatik Bund (DSAB), denn von der Teilnahme bzw. dem Abschneiden bei den World Games hängen die staatlichen Fördermittel ab. „Das Finale haben wir dann als Bonus gesehen und geschaut, was da noch für uns drin ist“, erzählen die beiden.

Und da war einiges drin: Passend zur Musik „I Can’t Help (Falling In Love With You)“ konnten auch die Kampfrichter in der finalen Kombi-Übung nicht anders als sich insbesondere von den Balance-Passagen restlos überzeugen zu lassen und zum zweiten Mal (nach Balance) über 29 Punkte (exakt 29,21 Punkte) für Daniel und Pia zu vergeben. Vielleicht haben sie sich auch vom choreografischen Herzschmerz überzeugen lassen, den Daniel ja immer schon besonders pathetisch auf die Matte bringt. Und auch nicht auszuschließen, dass sie verängstigt waren von seinem Jubelschrei oder vielmehr -gebrüll nach geglückter Übung, erheitert von den Moves auf dem Weg in die Kiss-and-Cry-Area oder irritiert von seinem Zaubertrick dort. Man mag davon halten, was man will – von introvertiert kann jedenfalls nicht die Rede sein… 🙂

Weltmeister wurden mit über 30 Punkten (30,03) die beiden Russen Kirill Startsev und Victoria Aksenova. Für Daniel nicht ungewohnt: An Oberfrau Victoria beißt er sich bereits seine komplette Laufbahn lang die Zähne aus. Schon als er 2015 mit Sneschana Sinkov Silber bei der Jugend-EM 2015 gewonnen hatte, stand sie – ebenfalls mit einem anderen Partner – ganz oben auf dem Treppchen.

Ob es sein großes Ziel ist, einmal vor ihr zu stehen? Daniel winkt ab… Er schaue nicht auf die Gegner, sondern auf sich: „Unser Ziel ist es, unser Programm immer noch sauberer hinzukriegen und vielleicht auch hier und da noch ein bisschen die Schwierigkeit zu erhöhen. Wofür das dann reicht, ist zweitrangig.“

Gute Aussichten auf zwei weitere World-Games-Tickets

Ebenfalls sehr gute Aussichten auf die World Games hat Deutschland bei den Damenpaaren und den Herrengruppen dank jeweils Platz 6 nach der Qualifikation (in der Nationenwertung) für Laura Karczmarzyk und Nikoletta Grimekis (Oldenburg) sowie Vincent Kühne, Tom Mädler, Aaron Borck und Ben Ködel (Dresden). Im Finale schafften beide sogar noch den Sprung auf Platz 5.

Das Finale der Damengruppen um einen Rang (Platz 9 in der Nationenwertung) verpasst haben leider Lena Holdefer, Kira Winter und Josephine Beaupré (Erbstetten / Nieder-Liebersbach). Im internen Duell lagen sie damit vor Sarah Arndt, Anika Liebelt und Alexa Krause (Dresden), die diesmal ihre Leistungen nicht fehlerfrei zur Aufführung bringen konnten.

In der Mannschaftswertung beendete Deutschland die WM auf Platz 8.

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Category: WM 2021 in Genf

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