Sportakrobatik vs. Trampolin

| 9. Juni 2009 | 8 Comments
Sportakrobatik vs. Trampolin

Das Finale in der Jahrhunderthalle war der nationale Höhepunkt 2009. Vor so einer Kulisse (die Zahlen variieren zwischen 2500 und 5000 Zuschauern) dürfen sich Sportakrobaten nur selten präsentieren. Aber wer lockte das Publikum eigentlich in die Halle? Die Sportakrobaten oder die Trampolinspringer? Das Interesse der (Print-)Medienvertreter galt jedenfalls fast ausschließlich den Trampolinern und auch auf den Rängen war es ganz am Schluss bei der Siegerehrung der Akrobaten überraschend leer.

Diese Frage lässt sich zwar wohl kaum beantworten, trotzdem bot das Finale an jenem Pfingstmontag eine großartige Gelegenheit, um die beiden Disziplinen einmal direkt miteinander zu vergleichen. Vielleicht kann man sich ja von den olympischen Brüdern noch was abschauen. Drei Punkte sind mir besonders aufgefallen:

Bewertung

Es ist beeindruckend: Innerhalb weniger Sekunden nach jeder Trampolin-Kür steht schon die Endnote fest. Das macht diese Sportart sehr viel transparenter als die Sportakrobatik, wo erst Zettel ausgefüllt werden, diese vom Hauptkampfrichter genehmigt werden müssen und so weiter. Erst während oder gar nach der nächsten Übung stehen Wertung und damit Platzierung fest. Das ist für fachfremde Zuschauer oft kaum zu durchschauen. Nun glaube ich nicht, dass die Kampfrichter beim Trampolinturnen so viel schneller arbeiten – die haben offensichtlich ein viel einfacheres Bewertungssystem.

Emotion

Sehr sympathisch und menschlich wirken die Trampoliner, weil sie viel mehr Emotionen an den Tag legen (dürfen) als wir Sportakrobaten. Dort freuen sich die Springer nach ihrer Übung ausgelassen, recken die Arme in die Luft und machen ihrem Jubel Luft – sogar noch bevor sie sich von den Kampfrichtern „verabschieden“. Die Sportakrobaten marschieren absolut korrekt von der Matte, da sie selbst nach der Übung noch Abzüge fürchten müssen. Frühestens dann ist mal eine freudige Umarmung drin. Das finde ich schade.

Moderation

Eins vorneweg: Thorsten König moderierte die Wettkämpfe der Sportakrobaten meiner Meinung nach großartig und setzte sie vortrefflich in Szene! Beim direkten Vergleich mit den Trampolinern fällt aber auf, dass diese wesentlich weniger verklemmt an die Moderation herangehen. Hier scheute sich der Moderator nicht, die Darbietungen inhaltlich zu kommentieren und zu bewerten. In der Sportakrobatik hat man hier viel zu viel Angst, dass die Kampfrichter beeinflusst werden könnten oder es wenigstens so scheint. Für das Publikum hingegen macht das einen Wettkampf meiner Meinung nach attraktiver.

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Category: Deutsche Meisterschaften

Comments (8)

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  1. Zuschauer sagt:

    Nun lese ich mit einiger Verwunderung, die Zeilen über das Finale beim IDTF.

    Was als gute Moderation bei den Trampoliner gewirkt hat, wirkt bei den Trampolinern als Beeinflussung der Kampfrichter (was sicher nicht der Fall war).
    Udo Bausch, hat sein Trampolin-Wettkampfprogramm schon vor Jahren, so aufgebaut, dass er Akro-WK damit durchführen kann und dies auch schon tatsächlich durchgeführt.
    Sein Programme laufen stabil und sicher und es ist mit Sicherheit möglich auch Akro WK schnell und transparent durchzuführen.
    Aber solange in Deutschland jeder LAndesverband sein eigenes Süppchen kochen möchte wird dies ein Wunschtraum bleiben

  2. Chris sagt:

    weiß man denn nun schon wer mit darf zu den Europameisterschaften?
    Waren für die 11-16-Formationen auch die DM Jugend qualifizierend? Was ist eigentlich wenn man verletzt war wie Schwerin-Damanpaar oder Riesa-Damengruppe? Würde mich sehr interessieren, wie der DSAB da vorgeht, denn einfach ignorieren kann man diese Formationen ja nicht nur weil sie an diesem einen Termin verletzt waren.

  3. Arvid sagt:

    @Rüdiger:

    Du solltest dich mal mit dem Wertungssystem der Trampoliner befassen, bevor du behauptest, dass der Moderator dort etwas beeinflussen könnte. Ich war selber über 15 Jahre Trampoliner und kann euch sagen: Die Kampfrichter haben ihre Wertung ca. 10 Sekunden nach dem Ende der Übung schon fest und das ist eine ganz einfach Rechnung, bei der man 10 Zahlen von 1-5 zusammenzählt und dann vom Ausgangswert abzieht (und die Schwierigkeit ist eh immer klar!). Schneller und nachvollziehbarer ist das auch bei den Trampolinern, weil es dort keinen Hauptkampfrichter oder eine Jury gibt, die Wertungen (nach belieben) verändern kann. Jeder Kampfrichter kann hier seine Technikwertung abgeben und meistens klappt das auch ohne Querelen!

    Das ist einfach die Schwäche unseres Wertungssystems bzw. die Schwäche unserer Kampfrichter, Funktionäre und Verbände, dass das nicht so klappt wie es sein sollte!!!

    Ansonsten kann ich allem nur zustimmen was oben steht!

    Allem anderen in dem Artikel

  4. Anne sagt:

    Also was den Moderator betrifft, da stimme ich Rüdiger voll und ganz zu.

    Zur Bewertung kann ich als Kampfrichter sagen, dass im Finale die Wertung superschnell raus ging (von unserer Seite), da es keine Zettel gab, die durchgesehen wurden.
    Da wir mit zwei Kampfgerichten gearbeitet haben ist es allerdins klar, dass dann schon der nächste auf der Matte steht, ehe alle Zahlen eingegeben wurden.

  5. Rüdiger sagt:

    … und hier habe ich weitere Zeichen gefunden;

    Moderation
    Der Moderator der Trampoliner war unter aller S.. Inhaltliche
    Kommentare mögen vielleicht auflockern und fürs Volk lustig sein
    gehören aber keinesfalls dazu. Damit greift er unbewusst sehr
    wohl in die Wertung ein .. und der Moderator sollte daher neutral
    sein. Denn Sätze wie ’na das er besser‘ und ‚da ist wohl etwas
    schief gegangen‘ verleiten einen Kampfrichter nochmal nachzudenken
    auch wenn er keinen Fehler bewusst wahrgenommen hat. Zudem weiss
    der Sportler selber ob er gut war oder nicht – und hört nicht noch
    von der Moderation gerne – ‚das hat man doch schon besser gesehen‘.

  6. Rüdiger sagt:

    Hi,
    ich kann hier nicht in allem zustimmen ,-(

    Bewertung
    In der alten CoP meine ich mal gelesen zu haben, das die Wertung
    innerhalb von 20 Sek. gegeben sein muss und dann sollte auch die
    Anzeige wie bei den Trampolinern innerhalb einer Minute machbar
    sein. Und wenn das ganze dann noch elektronisch erfolgt, sieht
    der Zuschauer auch gleich den Endwert. Insofern ist es also nur
    eine Sache der Umsetzung und nicht des Bewertungssystems.

    Emotionen
    Da Stimme ich dir zu. Aber wenn man sich so die Turner und Rh.Sp.
    Gymnastik anschaut geht es da genauso sittlich zu. Ich bin ja Tänzer
    und da geht es im Standard steifer zu als im Latein und noch
    lockerer wird es dann beim Rock’n’Roll ,-) Es hat also unter Umständen
    auch mit dem Anmut der Sportakrobatik zu tun, die dort zu mehr
    Zurückhaltung anhält.

    … boah jetzt werden die Zeichen knapp …
    … ich such mal auf der Tastatur ,-)

  7. Nina sagt:

    Ich stimme dem Artikel total zu! Ich finde es auch sehr schade, z.B mit den Emotionen. Das Ganze wirkt dann immer irgendwie trocken…
    Trotzdem war es ein irres Gefühl vor so viel Publikum zu turnen. Allein das wir diesesmal die Möglichkeit hatten, anderen Menschen, die keine Ahnung von Akrobatik haben, unser Können zu zeigen, war genial!

    Ich shcließ mich Annette an. Der Artikel ist spitze!

  8. Annette sagt:

    Super Artikel. Wer immer der Verfasser war, er oder sie bringt die Sache auf den Punkt.

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