WM-Bilanz (3): Die zwei Seiten der Medaille

| 2. Mai 2012 | 9 Comments

Das deutsche Team zur Jugend- und Junioren-WM

Die 23. Weltmeisterschaften der Sportakrobatik 2012 in Orlando sind Geschichte, bereits seit über einer Woche. Höchste Zeit für eine WM-Bilanz in drei Teilen: Erst ein Resümee der Veranstaltung an sich, dann ein Blick auf die Weltspitze und zum Abschluss eine Einordnung der Leistungen des deutschen Teams. Last but not least also über die Leistungen des deutschen Teams…

Zum Einstieg einige Fakten: Von den 16 deutschen Formationen am Start war es für sieben (Merry-Anne Laurisch, Nancy Deger und Lilly Radeck, Sarah Haslinger und Lara Kielkopf, Luise Zscheile, Nora Schäfer und Emilia Winter, Diana Dierich und Yasmin Sroka, Sandra Stoll, Sabrina Hegele und Marina Gräßle, Katrin Borchert und Sophie Brühmann sowie Nikolai Rein und Kornelia Laichinger) der erste Start bei einer internationalen Meisterschaft. Für drei Formationen (Paulina Haas und Nisha Virmani, Tim Sebastian und Rosa Löhmann sowie Tobias Otto, Vincent Kühne, Moritz Löhmann und Laurin Werner) war es der erste Start in der nächsthöheren Leistungsklasse.

Max Hoppe und Jonas Conrad mussten den wenigsten Gegnern (zwei) den Vortritt lassen. Am meisten Nationen hinter sich ließen Katharina Bräunlich, Laura Jolitz und Flora Sochor (Platz sechs von 21 Nationen). Die wenigsten Gegner (keine) hinter sich ließen Katrin Borchert und Sophie Brühmann sowie Tobias Otto, Vincent Kühne, Moritz Löhmann und Laurin Werner.

Die deutschen Finalisten kommen allesamt aus Sachsen. Sarah Haslinger und Lara Kielkopf holten die höchste Wertung (27,6 Punkte in Tempo) für Deutschland. Die niedrigste Wertung (21,4 Punkte im Tempo) bekamen Katrin Borchert und Sophie Brühmann. Das schwierigste Programm zeigten Nikolai Rein und Kornelia Laichinger (653 Value). Sie bekamen auch am meisten Abzug (3,3 Punkte).

Das soll an dieser Stelle genügen. Die Kommentarfunktion freut sich aber bestimmt über weitere Superlative…

Max Hoppe und Jonas ConradSeit 2006 immer Edelmetall bei internationalen Meisterschaften

Die Serie hat also doch gehalten! Seit 2006 war Deutschland von keiner Europa- oder Weltmeisterschaft ohne Edelmetall zurück nach Hause gekommen. Und auch diesmal hat Deutschland wieder eine Medaille gewonnen. Damit war im Vorfeld überhaupt nicht zu rechnen. Natürlich hatten Max Hoppe und Jonas Conrad auch Glück, dass in der Altersklasse Jugend nur fünf Herrenpaare am Start waren. Aber Belgien muss man erst mal schlagen und auch 27,5 Punkte muss man erst einmal holen. Ihre Übung im Finale war richtig klasse!

Bei aller Euphorie darf man sich von der Medaille für Max und Jonas aber auch nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass Deutschland im internationalen Vergleich immer weiter abrutscht. Und das ist die Kehrseite der Medaille. Es gilt, was bereits während der WM über die Bundesrepublik als „LKW auf der Entwicklungsautobahn“ geschrieben stand: Deutschland wird schon stetig besser, nur eben langsamer als die Konkurrenz. Unabhängig von einzelnen Formationen – es geht um die Leistung im Durchschnitt. Einige Nationen sind in den letzten Jahren vorbeigezogen.

Zwei weitere herausragende Formationen

Aber nochmal kurz zurück zur Vorderseite der Medaille: Neben Max und Jonas haben sich zwei weitere deutsche Formationen besonders hervorgetan: Katharina Bräunlich, Laura Jolitz und Flora Sochor in der Altersklasse Jugend und Alex Dik und Justice Niesar bei den Junioren. Auf ihren sechsten bzw. fünften Platz in diesen hochkarätig besetzten Weltmeisterschaften können sie wahrlich stolz sein.

Sascha Kohn und Patricia VoigtländerBei den Senioren sieht es vergleichsweise mau aus: Zwei zwölfte Plätze in der Nationenwertung sind die Top-Resultate, eingefahren von Sandra Stoll, Sabrina Hegele und Marina Gräßle sowie Sascha Kohn und Patricia Voigtländer. Gerade Letztere sind zum Ende der gemeinsamen Laufbahn nochmal über sich selbst hinausgewachsen. Mit einer so guten Leistung des Mixed Paares hatte im Vorfeld wohl keiner gerechnet, aber selbst die reichte eben „nur“ für einen zwölften Platz. Das soll auf keinen Fall heißen, dass die deutschen Senioren schlecht sind – nur sind viele Länder eben besser. Wenn man weiß, unter welchen Umständen die deutschen Senioren „nebenbei“ trainieren, kann man ihnen überhaupt keinen Vorwurf machen. Ganz im Gegenteil!

Der alte Stiefel bringt’s nicht mehr!

Unter den Bedingungen, die derzeit in Deutschland herrschen – und die sich eben leider deutlich von den Bedingungen in anderen Ländern unterscheiden -, können die Trainer und Sportler strampeln, wie sie wollen: Wenn es richtig gut läuft, bringt Deutschland immer mal wieder die eine oder andere herausragende Formation hervor, die es in den Altersklassen Jugend und Junioren unter die besten sechs schafft, mit etwas Glück springt sogar gelegentlich eine Medaille raus. Mehr geht kaum und in Zukunft wird noch weniger gehen.

Dagegen machen können die Trainer nichts, die Sportler schon gar nicht. Veränderungen müssten auf höherer Ebene stattfinden. Chancen gibt es: Auf der Position des Bundestrainers steht bald ein Wechsel an, im Bundesverband und in den Landesverbänden besteht in der Regel alle drei Jahre die Möglichkeit für einen Wechsel. Erste personelle Veränderungen hat es ja im Bundesverband bereits gegeben. Die deutsche Sportakrobatik braucht aber ein frisches, dynamisches engagiertes und offenes Team an der Spitze, das neue Wege geht, Scheuklappen ablegt, Möglichkeiten schafft und Gräben überwindet. Der alte Stiefel bringt’s schon lange nicht mehr!

 

Turnanzug und Gymnastikanzug Sulvinja

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Category: WM 2012 in Orlando

Comments (9)

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  1. Luper sagt:

    Sebastian: „Der alte Stiefel bringt’s schon lange nicht mehr!“
    Das mag ja richtig sein! Sicher ziehen Verjüngungen in einem Verband und vielleicht auch in so manchem Verein mitunter effektive Veränderungen nach sich. Aber davor müssten schon auch sehr genaue Studien darüber gemacht werden, was eigentlich in anderen westlichen Staaten (z.B. in Belgien oder in England) anders läuft. Neues Personal allein bringt wohl noch lange nichts. Da müssten erst mal realisierbare Konzepte erkennbar sein. Die sehe ich derzeit nicht wirklich.

  2. @Caterine und Akro Zicke sagt:

    da sieht man mal, wie sich manche für diesen Sport interessieren, wenn sie nicht mal die erfolgreichen Sportler „wahrnehmen“…. soviel also zum interesse an Sportakrobatik….

  3. Jana sagt:

    Allen Sportlern gilt für dargebrachte Leistung bei der WM höchste Anerkennung!!! Ich weiß wieviel Zeit und Kraft investiert wird, um zu solchen Leistungen zu gelangen. Diese Anerkennung sollte unsere Sportler motivieren weiter am Ball zu bleiben!

    Allerdings scheinen das nicht alle so zu sehen.
    Erhält man doch über die OFFIZIELLE DSAB Webseite nicht mal eine die Information zur Bronzemedaille, die für Deutschland von der WM mit nach Hause gebracht wurde.

    http://www.sportakrobatikbund.de/index.php?mid=1&show1news=916

    Und wir wundern uns, das unsere Sportart nicht weiter voran kommt…

  4. tamara sagt:

    danke annette für deine/eure anerkennung .. Anerkennung ist in dieser sportart nunmal das einzige was den sportlern bleibt ..

  5. Annett Bräunlich sagt:

    Als „Hofberichterstatter“ des deutschen Fanblocks gebe ich ergänzend gern zu Protokoll:
    „Während Ihr schlieft“.. – also auch zu später Orlando-Stunde – zeigte das Ebersbacher Trio sowohl eine blitzblanke Balance- wie auch eine spitzenmäßig geturnte Tempo-Übung, die von uns verdient ausgelassen bejubelt wurden!!! Tamara, Hannah und Valery kamen mit dieser überzeugenden „Show“ in einem Bewerberfeld von 31!!! Formationen/ 21!!! Nationen auf einem bemerkenswerten 12.Platz ein und verdienen unsere und eure!!! höchste Anerkennung.

  6. Akro-Zicke sagt:

    Echt? Waren die dabei?? 😉

  7. ich sagt:

    also da bin ich anderer meinung. man nimmt die drei schon wahr

  8. Caterine sagt:

    Die sind so gut und so schlecht, dass man sie nicht wahrnimmt….

  9. Fan sagt:

    Vielen Dank für den tollen Bericht !!!
    Nur warum wurde das Damentrio aus Ebersbach nicht erwähnt ?

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