Meisterschaftsimpressionen aus Friedberg

| 28. Mai 2012 | 1 Comment

Meisterschaftsimpressionen

Als Livestream-Regisseur bei der DM Jugend in Friedberg richtete er die Kamera zwei Tage lang stets auf die Wettkampffläche. Und seine Impressionen vom Drumherum? Gibt es jetzt als Text. Ein Beitrag von Hans Martin Schipfel.

Habt Ihr Wechselgeld besorgt? Wie viele Kuchen stehen auf der Theke? Servietten nicht vergessen? Blumen alle richtig positioniert? Hektisch werden noch die letzten Plastikteller und -becher ausgepackt. Beeilung! Die ersten Gäste werden bald da sein.

Tatsächlich, schon biegt ein Bus auf den Parkplatz ein. Etwa 50 Sportler mit Tross quellen aus dem Fahrzeug. Drinnen letzte Prüfungen. Mikro geht! Beide CD-Player angeschlossen. Kurzer Test. Läuft! Absperrungen stehen.

Kaum zu glauben, aber nur Minuten nach dem Eintreffen der ersten Gruppe stehen die Sportler auch schon auf den Matten. Vorbei die relative Morgenruhe. Von da an schwankt der Hallenboden ohne Unterbrechung fast zwei Tage lang. Sie stehen in langen Schlangen, die Sportler, wollen sich aufwärmen, einspringen, ihre Elemente noch ein paar Mal ausprobieren.

Die Halle füllt sich – nicht nur mit Menschen. Auch unendlich viele Sporttaschen, Kühltaschen, Kleidungsstücke usw. liegen auf den Rängen. Der Sprecher dreht Musik auf, gibt erste Anweisungen.

Endloses Händeschütteln

Immer mehr Anzugträger rücken an: Funktionäre, Kampfrichter, Offizielle – jedenfalls Leute, die so aussehen als ob sie was zu sagen hätten. Ein endloses Händeschütteln, freundliches Lächeln, Zunicken, Zuwinken: Man kennt sich. Von zahllosen anderen Wettkämpfen. Familientreffen. Wiedersehensfreude. Oder doch mehr Leidensängste? Es stehen unendlich viele Stunden Arbeit in einer nicht gerade kühlen Halle an.

Vorarbeiten im Wettkampfbüro: Die Computer spucken Starterlisten aus. Wie immer zu wenige. Erste Bockwürste im Verkauf!

Noch ein paar Glitzersteine aufgeklebt. Haarspraydosen im Einsatz. Schminke aufs Gesicht. Das Kind muss auf der Matte schön aussehen. Man denke nur, der Meistertitel würde an so etwas scheitern… Oh, Gott!!

Aufruf zur Mattenräumung. Aufstellen zum Einmarsch. Endlich: Ein Tusch ertönt. Rhythmisches Klatschen. Lange Kolonnen junger Sportler. Ihre Gesichtszüge angespannt, ernst. Anhalten im Karree. Begrüßungsreden. Trotz aller Kürze immer noch zu lang. Hymne – soll diesmal gesungen werden von einer Sportlerin. Stillstand und Blick zur Flagge. Leichte Spannung bei den Veranstaltern: Kriegt sie’s hin? Ja, sie hat die Töne getroffen. Applaus! Ausmarsch. Die Ersten sind nun schon über zweieinhalb Stunden da, aber nun fängt er an, der Wettkampf.

Hektik bei den Technikern: Der Livestream läuft noch nicht einwandfrei. Woran kann es nur liegen? Gestern hat es doch noch geklappt.

Letzte Ratschläge: Vergiss nicht…! Denk daran…! Spitzen, wichtig sind die Spitzen!! Angespannte Trainer, aufgeregte Mütter.

Warum fehlen immer die Lehnen?

Anfangs noch echte Konzentration der Zuschauer. Kräftiger Applaus für die ersten Formationen. Allmähliches Erlahmen der Publikumsaktivitäten. Erste Rückenschmerzen. Mein Gott, warum fehlen hier immer die Lehnen? Stärker werdende Publikumsbewegungen. Man gönnt sich Auszeiten draußen am Kiosk und auf den Wiesen. Zigarettchen. Smalltalk. Beine vertreten. Ein Blick über den knallvollen Parkplatz: Toll! Dresden, Leipzig, Mainz, Schwerin, Düsseldorf, Göppingen… Wirklich – ganz Deutschland ist aufgefahren!

Dann wieder mutig hinein. Stempelarm herzeigen. Wo sind wir inzwischen? Mist, jetzt haben wir ausgerechnet unsere Gruppe verpasst! Na ja, sie müssen eh nochmal…

Ein Herr klagt, er könne die Anzeigentafel nicht lesen. Leider kein Optiker in der Nähe.

Was hier im Text nun funktioniert, geht im Wettkampf leider nicht: Wir überspringen einfach ein paar Stunden.

Die ersten Siegerehrungen liegen schon hinter uns. Ein paar Verletzungen leider auch. Tüchtig Aufregung im Hintergrund wegen angeblich ungerechter Bewertungen. Schwer zu beurteilen. Bitte weiter!

Der Moderator hält eisern das Programm zusammen. Bitte keine unnötigen Verzögerungen! Mittlerweile kein Kampfrichter mehr im Jackett. Der Kaffee fließt reichlich. Dazwischen die konzentriert agierenden Sportlerinnen und Sportler. Etwas abseits werden eifrig T-Shirts gedruckt. Nette Erinnerung.

Küsschen, Küsschen, Umarmungen

Die Sonne sinkt. Was macht der Wettkampf? Oh, bald die zweite Siegerehrung. Schnell hinein in die Halle. Aufmarsch der Erfolgreichen. Aufstieg aufs Treppchen. Küsschen, Küsschen, Umarmungen. Händeschütteln ohne Ende. Oder kommt es einem nur so vor? Gratulationen, Medaillen, Pokale. Einmal, zweimal – fünfmal.

Kaum zu glauben: Der Sprecher erklärt den ersten Wettkampftag für beendet. Er klingt immer noch ziemlich frisch. Seltsam.
Lang war’s! Anstrengend war’s! Auch fürs Publikum. Und trotzdem: Schön war’s!

Aber schon morgen früh geht’s weiter. Kraft tanken. Auf zu neuen Taten! Der Sonntag wird’s noch in sich haben…

 

Turnanzug und Gymnastikanzug Sulvinja

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Category: Deutsche Meisterschaften

Comments (1)

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  1. Caterine sagt:

    Kompliment;“Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“
    Hans-Martin zieht in seinen Bann, schreibt interesant gleich Bastian, begeistert jeden Akrofan!

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