„Für uns ist die DMM ein nettes Schmankerl.“

| 11. November 2009 | 8 Comments
Rolf Naumann

Nach der Deutschen Mannschafts-Meisterschaft der Junioren und Senioren in Weißenburg traf ich mich zum Gespräch mit Rolf Naumann vom SC Riesa. Er ist Vorsitzender der Kommission Sportakrobatik im Sächsischen Turn-Verband und erzählte mir, warum er nicht mit dem Titelgewinn seiner Sachsen gerechnet hatte und weshalb die Riesaer Sportakrobaten schon zum vierten Mal in Folge eine internationale Medaille holen konnten.

Denny Böttcher und Annika GraderSchipfel: "Herzlichen Glückwunsch zum Titel! Warum heißt die siegreiche Mannschaft eigentlich "Sachsen II"? Konnte man nicht im Vorfeld schon absehen, dass sie besser abschneiden würde als "Sachsen I"? Steckt da womöglich eine Taktik dahinter?"
Naumann: "Nein, das hat nichts mit Taktik zu tun. Ganz unspektakulär haben wir schlichtweg die Mannschaft mit den zwei Senioren-Formationen "Sachsen I" getauft, "Sachsen II" ist das Junioren-Team. Der Doppelsieg ist natürlich sensationell, mit der Tageshöchstnote von Denny Böttcher und Annika Grader als Krönung. Wir können sehr zufrieden sein."

Schipfel: "Der einzige, der heute verloren hat, bist Du: Du hast vor dem Wettkampf mit mir gewettet, dass Sachsen den Titel nicht holen wird…"
Naumann: "In den letzten Jahren habe ich zu oft erlebt, wie wir bei Mannschafts-Meisterschaften durch nachträgliche Kampfrichter- bzw. Juryentscheidungen doch noch nicht gewonnen haben."

Schipfel: "Was ist eigentlich schwieriger: Eine EM-Medaille zu holen oder Württemberg bei der Mannschafts-Meisterschaft zu schlagen?"
Naumann: "Kein Kommentar! Aber die Mannschafts-Meisterschaft hat für uns natürlich bei weitem nicht den Stellenwert wie eine Europa- oder Weltmeisterschaft. Sie ist ein nettes Schmankerl zum Abschluss der Saison, nur deswegen kommen wir jedes Jahr wieder. Für die Sportler ist es natürlich auch schön, sie verstehen sich ja hervorragend auch über Vereins- und Landesgrenzen hinweg und freuen sich, wenn sie sich wiedersehen."

Schipfel: "Haben denn die Ergebnisse der Mannschafts-Meisterschaft keine Auswirkung auf die Höhe der Fördergelder?"
Naumann: "Nein. Bei uns in Sachsen sind da die Einzel-Meisterschaften und natürlich internationale Erfolge entscheidend."

Schipfel: "Was hältst Du eigentlich vom neuen Modus bei der Mannschafts-Meisterschaft mit nur drei Startern ohne Streichwertung?"
Naumann: "Ich habe auf der technischen Tagung damals gegen diesen neuen Modus gesprochen. Natürlich ist er reizvoll, trotzdem gefiel mir die alte Regelung besser. Übrigens finde ich gar nicht gut, dass männliche Vertreter in einer Mannschaft nicht mehr Pflicht sind, auch wenn diesmal trotzdem relativ viele Jungs auf der Matte standen. Andererseits finde ich es große Klasse, dass so viele Mannschaften bei der DMM dabei waren."

Dank Spitzentrainern zu internationalen Erfolgen

Lukas Claus, Nikolaj Dewataikin und Igor BlintsovSchipfel: "Riesaer Sportakrobaten haben bei der diesjährigen Europameisterschaft zum vierten Mal in Folge eine internationale Medaille geholt. Wie geht so etwas?"
Naumann: "Diese Erfolge sind der Ertrag der ausgezeichneten Arbeit unserer Spitzentrainer hier in Sachsen mit Igor Blintsov als Cheftrainer bei uns in Riesa und Sergej Jeriomkin in Hoyerswerda. Nur solche Voll-Profis können das Maximum aus den Sportlern herausholen."

Schipfel: "Der SC Riesa leistet sich also einen hauptamtlichen Trainer für Sportakrobatik?"
Naumann: "Ja, so ungefähr: Igor Blintsov ist beim SC Riesa jeweils zu 50 Prozent für Kunstturnen und Sportakrobatik angestellt, seine Frau Nina arbeitet stundenweise im Sport. Außerdem werden sie noch von der Choreografin Inna Atazhanova unterstützt, die im sächsischen Turn-Verband angestellt ist. Sie ist übrigens die ehemalige Partnerin von Igor, die beiden waren ein erfolgreiches Mixed Paar in Kasachstan."

Schipfel: "In Sachsen ist die Sportakrobatik ja in den Landesturnverband integriert. Wie fällt Deine Bilanz aus?"
Naumann: "Die sächsischen Sportakrobaten und Turner sind zwar keine Familie, die sich ständig knutscht, aber man kann durchaus von gegenseitigem Respekt und Profit sprechen. Manchmal schicken die Turner zum Beispiel Sportler zu uns, die für die Sportakrobatik einfach besser geeignet sind als fürs Kunstturnen. So kam unter anderem Maximilian-Henry Dao aus Chemnitz zu uns."

Schipfel: "Wie intensiv fällt die Unterstützung durch den DSAB aus?"
Naumann (will zuerst gar nichts sagen): "Naja, in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung hat man uns schon sehr geholfen. Damals habe ich noch die Riesaer Sportakrobaten trainiert, das war vor Igors Zeiten. Seit Sachsen jetzt aber vorne ist, fällt die Unterstützung des DSAB deutlich geringer aus."

Schipfel: "Welchen Anteil am Erfolg hat das Sportgymnasium in Riesa?"
Naumann: "Ein Sportgymnasium gibt es leider nicht mehr. Das gab es mal zu Bürgermeister Köhlers Zeiten, der ja auch 1995 zunächst die Junioren-WM und 1996 die WM nach Riesa geholt hat. Man kann aber spezielle Sportklassen besuchen. Das hilft schon auch ein bisschen."

SC RiesaSchipfel: "Apropos Weltmeisterschaft. Riesa war doch mal für die WM 2010 im Gespräch…"
Naumann: "Das ist richtig, uns fehlte aber leider die nötige Unterstützung, um das finanziell zu schultern. Stattdessen wollen wir diesmal den internationalen Sachsenpokal, der Pfingsten 2010 stattfindet, etwas größer aufziehen. Ich werde übrigens an der nächsten technischen Tagung vorschlagen, dass der Sachsenpokal zur deutschen WM-Qualifikation mitgenutzt wird. Zwei Monate vor der WM ist ein perfekter Termin. Wir würden dann den Kandidaten auch günstigere Konditionen einräumen. Schließlich gibt es ja vor der WM keine Deutsche Meisterschaft. Unser Riesaer Junioren-Trio hätte sich in diesem Jahr vor der EM auch gerne nochmal präsentiert."

Schipfel: "Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche viel Spaß bei der Meisterfeier!"
Naumann: "Wir hätten heute in jedem Fall eine riesige Party gemacht, mit dem Titel im Gepäck wird sie vielleicht noch einen Tick ausgelassener. Wir haben fast den gesamten sächsischen Kader dabei und wollen ein tolles Wettkampfjahr gebührend feiern. Wir haben ein Ferienhaus in der Nähe angemietet, da lassen wir es heute Abend krachen."

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Category: Deutsche Meisterschaften, Personalien und Verbandsangelegenheiten

Comments (8)

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  1. Lissi sagt:

    Ja, das seh ich ähnlich. Aber werden die Württemberger „nachlegen“ können? Haben denn z.B. die Albershäuser neue starke Leute? Das ist doch so das Riesa der Württemberger. Bin echt gespannt!

  2. Klemens sagt:

    Dass die Sachsen diesmal besonders stark waren, ist unbestritten. Sie haben verdient mit beiden Mannschaften gewonnen. Ich wünsche mir trotzdem, dass die Württemberger schnell nachlegen. Denn ein sehr harter Zweikampf der beiden Länder ist doch äußerst reizvoll. Schön wäre es, wenn auch noch die Hessen bald ganz oben mitmischen könnten. Das bringt Pfeffer in die Szene. Und das braucht diese Sportart doch!

  3. Maria sagt:

    Hey also ich muss ja mal sagen das Württemberg in den letzten zwei Jahren zwar etwas mehr Vorsprung hatte, aber es geht hier schlicht weg darum das Sachsen mit beiden Mannschaften gewonnen hat…Hat Württemberg sowas auch zu bieten…Ich glaube zwei so super Mannschaften bekommen die nicht auf die Beine…!
    Aber das soll jetzt keine Kritik an Württemberg sein, denn wir respektieren die Leistungen der Sportler sehr!!!

  4. sebastian schipfel sagt:

    es ging um nichts, denn ich habe nicht dagegen gehalten. leider, wie sich im nachhinein rausstellte… 😉

  5. Thomas sagt:

    @Lupert: Das würde mich auch interessieren. Soweit ich gelesen habe, hat Württemberg 2007 und 2008 mit mehr als einem Punkt Vorsprung gegenüber Sachsen gewonnen. Ich denke die Aussagen von Herrn Naumann sind hier nicht genau nachgedacht und nicht gerade fair-play. Das sollte er sich als Vorsitzender des Schiedsgerichts nicht leisten dürfen!

  6. Akro-Zicke sagt:

    Hey, um was ging es eigentlich bei der Wette? *g*

  7. Luper sagt:

    Glückwünsche nach Sachsen! Kann es übrigens sein, dass in dem Interview eine Bevorzugung der Württemberger durch diverse Wettkampfgerichte in den Vorjahren angedeutet ist?

  8. D. Wente sagt:

    Schipfele, Du hast für Deine Berichterstattung auch eine Medaille verdient!

    Deine Schwiegermutter

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