WM in Putian: Zwei schöne Erfolge für Deutschland

| 17. April 2016 | 8 Comments

Sebastian Grohmann, Erik Leppuhner, Florian Vitera und Tom Mädler

Auf den Tag genau zwei Wochen ist das WM-Finale in Putian jetzt her. Längst sind die Sportakrobaten nach ihren Freudensprüngen in Putian wieder auf deutschem Boden gelandet und zurück im (Trainings-)Alltag. Ein Abschlussbericht kommt eigentlich viel zu spät…

Die Weltmeisterschaft in China war für Deutschland ein Erfolg! Allen voran natürlich der Gewinn der Bronzemedaille durch Sebastian Grohmann, Erik Leppuhner, Florian Vitera und Tom Mädler bei den 13-19-Jährigen. Die Herrengruppe holte mit ihrem Sieg über Polen und Usbekistan die erste WM-Medaille überhaupt für die Sportakrobatikabteilung des Dresdner Sportclubs.

Nicht ganz so sexy wie eine Medaille, für die deutsche Sportakrobatik aber unterm Strich erheblich viel mehr wert ist das Ticket für die World Games, das Tim Sebastian und Michail Kraft (Dresdner SC / SC Riesa) mit ihrem sechsten Platz bei den Senioren sichern konnten.

Zwei schöne Erfolge! Des Weiteren sind folgende starke Leistungen der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Putian hervorzuheben:

  • Senioren: Nikolai Rein und Sophie Brühmann (TV Ebersbach): Platz 8
  • 12-18 Jahre: Camille Herrmann und Lilly Kutta (VfL Schwerin): Platz 6
  • 12-18 Jahre: Stefan Höntsch und Lara Ziemer (SC Hoyerswerda): Platz 6
  • 11-16 Jahre: Nicole Boxler und Sophie Kirschner (TSV Friedberg): Platz 6
  • 11-16 Jahre: Daniel Blintsov und Sneschana Sinkov (SC Riesa): Platz 5
  • 11-16 Jahre: Nils Beuven und Erik Pohl (SC Riesa): Platz 5

Blick über den Tellerrand

Im Zwischenfazit hatte ich für die Jugend und Junioren bereits über den deutschen Tellerrand geblickt.

Bei der „echten“ WM, also bei den Senioren, gilt: Russland dominiert unsere Sportart nahezu unangefochten, der Titelgewinn in vier der fünf Disziplinen plus der Sieg in der Mannschaftswertung sprechen eine eindeutige Sprache. Bei den Herrenpaaren und Damengruppen kann man noch behaupten, dass die Konkurrenz den Russen zumindest halbwegs auf den Fersen war. Das Damenpaar Daria Guryeva und Daria Kalinina sowie das Mixed Paar Georgy Pataraya und Marina Chernova hingegen deklassierten ihre Gegner geradezu. Jeweils über einen Punkt Vorsprung erarbeiteten sie sich allein im Finale. Trotzdem sorgten für den absoluten Höhepunkt dieser WM die chinesischen Gastgeber, nämlich die Herrengruppe Zheng Li, Liuming Rui, Teng Zhang und Jiahuai Zhou. 30,34 Punkte zogen die Kampfrichter im Finale, kein anderer schaffte es über die magische 30-Punkte-Grenze. Solche Höchstschwierigkeiten so spektakulär verpackt hat man wohl von keiner Herrengruppe vorher gesehen. Mit Silber fürs Trio und Bronze in der Mannschaftswertung gab es übrigens einen kompletten Medaillensatz für die Gastgeber.

Bleiben wir noch kurz in Asien: Hoffentlich sieht man Korea in Zukunft regelmäßig! Diese Akrobatik der alten Schule ist einfach faszinierend. Weißrussland und Belgien präsentierten sich gewohnt stark, beide übrigens insbesondere choreografisch. Allerdings fehlten Leistungsträger der jüngeren Vergangenheit, beide Nationen waren etwas dünner besetzt als üblich. Israel bestätigte mit dem Vize-Titel bei den Herrengruppen das Fazit der letzten EM: Das Land muss inzwischen in einem Atemzug mit den Top-Nationen genannt werden. Und die USA unterstrichen ihren Ruf als Mixed-Paar-Nation: Mit Ausnahme von 2012, ausgerechnet der WM im eigenen Land, gab es seit 2000 bei jeder WM eine Medaille für Amerika in dieser Disziplin, dreimal sogar den Titel. Diesmal war es Silber.

Leider sind die Auftritte von der Ukraine (keine einzige Medaille) und England (nur zwei Bronzemedaillen) im Vergleich zu früher ein einziges Trauerspiel. Vor allem im Fall von England kann man kaum fassen, dass das Land den wahrscheinlich besten Trainer der Welt hat, ihn aber nicht arbeiten lässt.

Die WM-Finals kann man hier (Damen- und Herrenpaare) und hier (Damengruppen, Mixed Paare und Herrengruppen) in voller Länge anschauen.

Nochmals zu Deutschland: Mit einer kompletten Mannschaft bei den Senioren, also einem Starter in jeder Disziplin, gab’s für den Deutschen Sportakrobatik Bund (DSAB) vom Rest der Welt und der FIG viel Anerkennung. Es sei noch einmal daran erinnert: Erst vor drei Jahren, zur EM 2013, konnte Deutschland keinen einzigen Senior aufbieten. Seither scheint einiges richtig gemacht worden zu sein. Aber Achtung: Das ist auch nicht mehr als eine Momentaufnahme.

Ein gewaltiger Umbruch steht bevor.

Denn es steht ein gewaltiger Umbruch bevor. Das ist nach einer WM durchaus üblich, nicht nur in Deutschland. Schließlich ist die Zeit bis zum nächsten internationalen Highlight, der EM, so extrem lang: eineinhalb Jahre – zu lange für viele. In Deutschland dürfte dieser Umbruch diesmal besonders groß ausfallen. Von der jetzigen Nationalmannschaft wird vermutlich keine Handvoll Formationen bis zur EM 2017 durchhalten. Fast alle Einheiten werden auseinanderbrechen. Bei einigen ist das bereits vollzogen und war längst ausgemachte Sache. Andere nehmen zumindest noch die Mai-Meisterschaften mit.

Eineinhalb Jahre bis zur EM 2017 bedeuten natürlich auch: viel Zeit für Training! Zeit um neue Konstellationen auszuprobieren, Zeit um neue Formationen aufzubauen. Sicher werden sich aus den Versatzstücken der jetzigen Nationalmannschaft wieder neue Paare und Gruppen bilden oder neue Partner werden integriert. Man braucht nicht zu pessimistisch zu sein.

Inwiefern zum sportlichen Umbruch auch Veränderungen im Verband kommen, entscheidet sich am nächsten Samstag, den 23. April. Da findet in Erfurt die Delegiertenversammlung des DSAB mit Neuwahl des Präsidiums für die nächsten drei Jahre statt. Wie gut der DSAB in den nächsten drei Jahren funktioniert, darüber entscheiden die Delegierten am Samstag mit ihrem Feedback zu den Rechenschaftsberichten der aktuellen Präsidiumsmitglieder, mit ihren Wahlvorschlägen und letztendlich mit ihrer Stimme. An manchen Positionen wäre ein Umbruch wünschenswert! Jeder – (Vereins-)Funktionäre, Trainer, Kampfrichter Sportler, ja sogar Fans – sollte genau hinterfragen und Rechenschaft einfordern, wie „sein“ jeweiliger Landesverband bei der Versammlung in Erfurt agiert.

Und zu guter Letzt steht ja auch hier ein Umbruch an. Wie angekündigt mache ich Schluss oder wenigstens eine längere Pause und wechsle in die Zuschauerrolle. Danke, dass Ihr durch Eure Klicks und Kommentare akrobastisch.de zu dem gemacht habt, was es ist. Es hat Spaß gemacht!

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Category: WM 2016 in Putian

Comments (8)

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  1. Akrobatikfan sagt:

    Schade, dass die Seite nahezu eingeschlafen ist, seitdem Du „abgetreten“ bist. Man kriegt nun leider als Außenstehender (bzw. Nicht-Aktiver) so gut wie gar nichts mit.. 🙁

  2. Andy G. Krainhöfner sagt:

    Hallo Sebastian Schipfel!

    Wir vom Bayerischen Turnverband haben gerne auf akrobastisch.de zurückgegriffen, als die Medienarbeit des BSAV uns nicht zur Verfügung stand. Gerade die Hintergrundinfos dort waren uns eine willkommene Quelle der Einschätzung zur Lage der Sportakrobatik in Bayern und Deutschland. Die Meldungen und Berichte werden uns fehlen – wenn Sie nicht bei uns andocken, why not?. Denn nach vollzogener Verschmelzung der beiden Verbände schlagen wir nun ein neues (Informations-)Kapitel der Kommunikation im Turnverband auf. Das Menü http://www.btv-turnen.de steht, die Mitarbeiter werden zur Zeit geschult – die Sportakrobatik kann ‚asap‘ loslegen. Zumal wir uns durch die Integration dieser Sportart eine gegenseitige fachliche Befeuerung crossover vorstellen können (auch der Fachausschuss „Bewegungskünste, Show und Gestaltung“ wird gerade in diese Richtung in Bayern neu formatiert).
    Es bleibt herzlich zu danken für die qualitätsreiche Medienarbeit aus Augsburg und das Engagement mit Herzblut für diese wundervolle Sportart.
    Gern mehr -gemeinsam!?

    Andy G. Krainhöfner
    BTV-Vize Kommunikation

  3. Claudi sagt:

    Danke für all deine Berichte (solch eine detaillierte Berichterstattung wünscht sich so manch andere Sportart). Ich vermisse es schon jetzt, aber die Auszeit sei dir gegönnt. Alles Gute und hoffentlich schreibst/berichtet du irgendwann wieder.

  4. Chrissi sagt:

    Vielen Dank für alle Berichte, Fotos und die Arbeit die du in diese Seite gesteckt hast! Ich hoffe sehr, dass du wiederkommst.

  5. Heidi sagt:

    Es ist ganz furchtbar schade. Ein riesen Verlust für die Sportakrobatik.

  6. Uli sagt:

    Gaaaanz herzlichen für die tollen Berichte in den letzten Jahren. Hoffentlich kommst du wieder!!!!

  7. Steffi sagt:

    Vielen Dank für deine vereinsunabhängige Berichterstattung zu den nationalen und internationalen Wettkämpfen. Leider findet man keinen adäquaten Ersatz für deine Seite…ich hoffe deine Pause dauert nicht allzu lange und wir können alle deine Zusammenfassung der kommenden Wettkämpfe lesen.

  8. Michel sagt:

    Geht es denn nun mit anderer Besetzung hier weiter oder ist das gleichbdeutend mit dem kompletten Aus (ganz oder für die Dauer deiner Pause)?

    Ich hoffe nicht, es wäre ein herber Schlag deine Beiträge missen zu müssen

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